Eine erste Information:
Die Johanniskapelle und die Christengemeinschaft in Osnabrück
Die Johannis-Kapelle
Die Johannis-Kapelle wurde im Jahr 1874 von Baumeister Propfe in neugotischem Stil erbaut. Zu jener Zeit mußte die Johannis Kirche ihren Friedhof an den damaligen Stadtrand verlegen und hatte deshalb den Bau der Kapelle in Auftrag gegeben. Kirche und Friedhof sind nach Johannes dem Täufer benannt. In unserem Jahrhundert ging die Verwaltung von Friedhof und Kapelle an die Stadt Osnabrück über. Im Jahre 1938 erhielt die Kapelle einen Anbau an der Westseite. Als der Rat der Stadt Osnabrück die Umwandlung des Friedhofs in einen „Park mit Friedhofscharakter“ beschloß, mietete die Christengemeinschaft die Kapelle im Jahr 1984 von der Stadt. Sie wurde im Innern gründlich renoviert und umgebaut und dient jetzt dem Gemeindeleben. Neben dem eigentlichen Sakralraum entstand ein größerer Gemeinderaum für die Arbeitskreise, den Konfirmandenunterricht und für soziale Anlässe. Ein Besprechungszimmer für den Pfarrer und die Sakristei ergänzen den Raumbedarf. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz.
Die Christengemeinschaft
Die Christengemeinschaft wurde 1922 von einer Gruppe junger deutscher Theologen um den evangelischen Pfarrer Friedrich Rittelmeyer gegründet. Sie setzten sich für eine religiöse Erneuerung ein, da sie nach den geistigen und sozialen Umbrüchen des 1. Weltkriegs in den traditionellen Kirchen keine zeitgemäße Pflege und lebendige Erfüllung des Christentums mehr finden konnten. Eine wesentliche Hilfe erhielten sie in ihren Bemühungen durch Rudolf Steiner, dem Begründer der Anthroposophie. Seine Weltanschauung war und ist eine Hilfe, „die Mysterien des Gottesreiches zu verstehen“ (Lukas 8,10). Die Christengemeinschaft ist heute weltweit verbreitet und als selbständige christliche Kirche anerkannt (in Deutschland K.d.Ö.R.).
Grundlagen der Lehre
Der Verkündigung liegt ein Weltbild zugrunde, das die Realität geistiger Wesen und deren Wirksamkeit einbezieht. Religion ist nicht nur Befriedigung subjektiver Bedürfnisse, sondern Ausdruck einer wirklichen Beziehung des Menschen zur göttlich-geistigen Welt. Sieht man nur auf den biologisch faßbaren Teil der menschlichen Existenz, so verkennt man das wahre Wesen des Menschen, ebenso verkennt man das Wesen der Natur, wenn man in einseitiger Weise ihre materielle Außenseite für die volle Wirklichkeit hält. Eine neue christliche Welt- und Menschenerkenntnis ist auch die Grundlage für ein tieferes Verständnis des Evangeliums. Erst die Anerkennung eines Bewußtseins, das auch die übersinnliche Welt umfaßt, ermöglicht in ehrlicher Weise, die Inhalte des Neuen Testaments zu verstehen und mit ihnen zu leben. Dann erschließt sich auch der Blick auf den Christus als höchstes himmlisches Schöpferwesen, das in Jesus Mensch geworden ist. Und wir können die Christus-Tat als das entscheidende Mittelpunkt-Ereignis der Menschheitsgeschichte verstehen.
Unsterblichkeit – Ungeborenheit
Zur Frage der Unsterblichkeit gehört auch die Frage nach dem Dasein des Menschen vor der Geburt (Ungeborenheit). Denn ebensowenig, wie der geistige Wesenskern des Menschen im Tode verschwindet, ist er erst mit dem Leibe entstanden. Der Mensch hat eine individuelle geistige Existenz, bevor sein irdisches Dasein beginnt (Präexistenz). Mit dem Erwachen des leibgebundenen Bewußtseins verblaßt die Erinnerung an diese Existenz. Der Tod wiederum bewirkt die Umwandlung des irdischen Bewußtseins. Das Unsterbliche entringt sich dem Sterblichen.
Die Sakramente und der Kultus
In der Mitte des Gemeindelebens steht der Abendmahl Gottesdienst, die Menschen-Weihehandlung. Der ungewohnte Name will sagen: Mensch-Werden ist das wahre Ziel unseres Lebens. Und in der aktiven Hinwendung zur göttlichen Welt können wir die Hilfe erfahren, die wir auf dem Weg zu diesem Ziel benötigen. Die Menschen-Weihehandlung hat die Gestalt des vollständigen christlichen Gottesdienstes: Verkündigung des Evangeliums, Opferung, Wandlung und Kommunion. Zu ihr treten die anderen Sakramente hinzu, die das Leben von der Geburt bis zum Tode begleiten und segnen: Taufe der Kinder, Konfirmation, Seelsorge mit Beichte, Trauung, Priesterweihe (gleichberechtigt auch für Frauen), Sterbesakramente. Der Priester vollzieht die Sakramente kraft der Vollmacht, die ihm durch die Weihe zuteil geworden ist. Priester sind hauptamtlich tätig und unterliegen keiner Weisung durch die Gemeinden. Für die Verkündigung genießen sie Lehrfreiheit. Die kultische Gestalt (Gewänder, Zeichen, Gebärden) ist nicht nur Zeremonie oder bloßes Symbol; sie soll im Sichtbaren offenbaren, was im ,,Unsichtbaren“ geistig geschieht.
Mitgliedschaft
Mitglied können Erwachsene durch persönlichen Entschluß werden, wenn sie sich mit den Sakramenten vertraut gemacht haben. Mitglied wird man in der weltweiten Bewegung der Christengemeinschaft, auch wenn man örtlich nur an eine Gemeinde angebunden ist. So wie man für die Gestaltung des eigenen religiösen Lebens verantwortlich ist, ist auch die Gestaltung der eigenen Mitgliedschaft eine freie Sache. Sie kann eine wirkliche Verbindung mit dem Wesen und Leben der Christengemeinschaft werden.