Leben mit dem Evangelium | Zeige deine Wunde

AutorIn: Johannes Beurle

Wenn ich nicht sehen kann das Mal der Nägel in seinen Händen und meinen Finger lege in die Nägelmale und meine Hand lege in seine Seite, kann ich nicht glauben. (Joh 20,25)

 

Obwohl sich das Ostermysterium vollzogen hat, lebt der Jünger Thomas noch in der Passion. Er hat den Auferstandenen nicht erlebt und so noch keinen Anteil am Ostergeschehen. Vielleicht ist er nicht der ungläubige Naturwissenschaftler, für den er oft gehalten wird. Er weiß, dass man ein Wesen an seinen Wunden erkennen kann. Sie zeugen von seiner Verwandlungstat.

Warum legen wir immer wieder den Finger in die Wunden unserer Nächsten? Ist auch unser Zweifeln und Urteilen ein seelisches, geistiges Tasten nach der Wahrheit, nach dem Wesenskern, nach dem Christus in unserem Gegenüber? Warum tut es so weh, wenn die Wunden betastet werden?

Christus hat seine Wunden verwandelt, unsere sind noch offen. Indem wir uns gegenseitig auf die Wunden aufmerksam machen, helfen wir uns, Heilung zu suchen. Dazu brauchen wir das Licht des Bewusstseins. Gäbe es nicht freilassendere Möglichkeiten? – Christus sagt zu Thomas, dass die selig und vom Geist berührt sind, die ihn durch den Glauben schauen. Wenn wir uns bemühen, dem anderen das zuzusprechen, was wir bei ihm suchen, erleben wir es vielleicht in uns selbst.