Über die Herbsttagung in Bojensdorf vom 20.10. bis 24.10.2025
Vergangene Woche habe ich an der Jugendtagung in Bojensdorf, direkt an der Ostsee, als Helfer teilgenommen. Sie war ausgelegt für Jugendliche zwischen 13 und 18 Jahren. Das Thema in diesem Jahr war „Freundschaft“.
Gemietet wurden für die Tagung zwei Seminarhäuser mit Schlafzimmern und einem Essraum, in dem wir 46 Menschen ‚kuschelig‘ Platz fanden. An einzelnen Tagen wurde von Haus aus Frühstück und Mittagessen geliefert. Dieses Frühstück bezeichnete ich als ein »Königsfrühstück« mit Käse & Wurst-Platten, von Brötchen, über Schokomüsli, bis hin zu Obstsäften, Milch und heißem Kaffee.
Eingerahmt war die Tagung von morgendlichem Singen, dann einer Andacht, und anschließendem Frühstück. Danach fand der Morgenkreis mit darauffolgenden Interessengruppen statt. Jeder durfte sich täglich neu für eine Gruppe entscheiden.
Jeroen Moes ist ein von Positivität sprühender Chorleiter, er stimmte Lieder auf eine Art an, dass keiner sich fürs Singen zu schämen brauchte. So entstanden regelmäßige Gesangseinheiten mit Liedern aus aller Welt, melodisch greifend und mehreren Stimmen. Dieser Chor war für alle ein Quell der Freude und Lebenskraft. Außerdem hatte Jeroen Kreistänze im Angebot. Dafür fanden wir uns draußen im Hof in einem großen Kreis zusammen. Es war erfüllend, gemeinsam zu tanzen, während der Wind von der Ostsee herüberwehte und Scharen von Kranichen über unsere Köpfe gen Spanien zogen.
Im Rahmen der Interessensgruppen gab Sarah einen kreativen Schreibkurs, Marcus leitete den Gang in die Natur auf der Suche nach »Landart«, wobei Gestalten, Gesichter, Symbole aus Moos, Schilf, Steinen, Stöcken usw., entstanden. Dorothea hatte einen Kreis über meditative Übungen und Freundschaft, und Gerhard als Geschichtslehrer bot einen Gesprächskreis zu Zeitfragen und Jeroen noch einen Theaterkurs an. Auf den letzten Tag hatte ich eine Erzählrunde von meiner Radreise von Berlin nach Moskau in diesem Sommer vorbereitet. Es sammelten sich alle, um zuzuhören. Die Jugendlichen stellten viele Fragen, man konnte spüren, wie sehr das Thema Krieg und Frieden sie beschäftigt.
Eines Nachmittags liefen wir mit Handtüchern um den Schultern Richtung Strand. Unter grauen Herbstwolken rannten wir in das frische Salzwasser.
Am letzten Abend wanderten wir mit Fackeln an der Küste entlang. Wir hatten die Fackeln selbst gebaut, aus Stöcken, altem Stoff und geschmolzenem Kerzenwachs.
Auf der Tagung war eine rasante Entwicklung der Teilnehmenden zu beobachten. Am Montag noch standen da individuelle Persönlichkeiten etwas verloren mit Koffer und Schal im Hofe herum und sahen sich nach bekannten Gesichtern um. Einige waren ganz allein gekommen, andere mit Freunden zusammen. Nach geraumer Zeit flochten sich Interessenszweige hinüber zum anderen, zum Fremden, einzelne wagten sich gegenseitig anzusprechen oder begegneten sich aus Zufall, wurden in gemeinsame Zimmer zugeteilt. Und am ersten Abend hatten die Pfarrer einen kultischen Abschluss eingeleitet, so ruhte auf dieser frischen Fremde ein höherer Geist. Nach der ersten Nacht fand sich schon erstes Vertrauen am gemeinsamen Frühstückstisch.
Und so nahmen persönliche Geschichten in dem Rahmen, in dem sie Zeit hatten, ihren Lauf. Das gemeinsame Sein gestaltete sich in ein warmes, farbvolles Bild. Im Abschlusskreis schwang eine melancholische Abschiedsnote mit, welche auch von neu-geknüpften Freundschaften getragen wurde, sowie das Aufwachen aus einem Raum ohne Zeit; als Orientierung hatten Freude, Begegnung und Erlebnis gelten dürfen. Zurück ging es mit den Koffern in die Heimaten, Hamburg, Rostock, Kiel, Essen u.a. Einige Eltern wurden mit Kreistanz und Gesang empfangen. Nummern wurden ausgetauscht, Abschiedsworte ausgedacht, mit herzlichen Umarmungen ging es bald von dannen.
So verlief sich die Tagung wieder und Jugendliche sowie Erwachsene hatten das Wunder des Menschen erleben können, dass wir als Fremde bald Freunde werden können.

Verfasst von
Pablo Krappmann
aus Bad Boll



