Über eine Initiative der Lukas-Kirche Hamburg.
Eine Gemeinschaftsgrabstätte ist ein Bereich auf einem Friedhof, in dem nur die Zugehörigen einer bestimmten Gemeinschaft bestattet werden können. Oft sind die Pächter Familien oder christliche Orden.
Am deutlichsten grenzen sich die jüdischen Friedhöfe ab. Gräber werden im jüdischen Glauben als ewige Heimat für die Verstorbenen betrachtet, sind unantastbar und gelten als heilig. Auf dem Ohlsdorfer Friedhof beispielsweise ist der jüdische Bereich nur über einen separaten Zugang zu erreichen und mit Tor und Gitter versehen.
Es mag ein wenig befremdlich wirken, wenn man hört, dass eine Gemeinde der Christengemeinschaft auch eine eigene Gemeinschaftsgrabstätte hat und pflegt.
Will man sich etwa dadurch abgrenzen?
Ganz und gar nicht!
Hinter der Initiative der Gemeinschaftsgrabstätte in Volksdorf steckt ein offener, warmherziger Impuls. Das wird mir gleich klar, als ich den Verantwortlichen, Klaus Holst, treffe, um über das Entstehen der Grabstätte zu sprechen. Noch im Mantel beginnt er zu erzählen, zeigt mir Fotos und wirft später noch Unterlagen in meinen Briefkasten. Er ist eben im positiven Sinne ein echter Volksdorfer.
Offen und initiativfreudig
Wer diese Gemeinde kennt, weiß ihren weltoffenen, initiativlustigen Charakter zu schätzen. Wird eine Idee für gut befunden, wird sie sogleich tatkräftig umgesetzt. So sind schon Arbeitskreise, Kindergärten, Schule, ein Altenheim u.v.m. entstanden.
Als ein paar Mitglieder vor dreißig Jahren die Idee einer Gemeinschaftsgrabstätte in die Gemeinde brachten, stießen sie damit auf reges Interesse. Wenig später gründete sich der Verein „Gemeinschaftsgrabstätte Lukas e. V.“, welcher so auch beim Amtsgericht eingetragen wurde. Das damalige Pfarrerkollegium reagierte zunächst zurückhaltend, ermutigte die Initiatoren jedoch, auch unabhängig aktiv zu werden.
Die Idee wird umgesetzt
Zunächst hatte man Kontakt zum städtischen Friedhof Hamburg-Volksdorf aufgenommen. Dort wurde den Interessenten eine Grabstätte mit zwanzig Grabplätzen zu guten Bedingungen angeboten. Auf jedem dieser Grabplätze können außer einem Sarg acht Urnen beigesetzt werden, so dass insgesamt 180 Bestattungen möglich sind.
Als Grabstein schwebte den Gründern ein Findling vor. Einige von ihnen machten sich auf den Weg nach Mecklenburg und klapperten die Feldränder nach geeigneten Findlingen ab. Ohne Erfolg. Also wandten sie sich an einen Steine-Importeur, welcher ihnen einen etwa vier Meter langen Rohstein anbot. Das Kopfende wurde abgesägt und bildet jetzt den zentralen Grabstein.
Die Künstlerin Frau v. Borstel entwarf die Gravur, die ein Steinmetz dann einmeißelte: Ein irisches Kreuz, das damalige Logo der Lukaskirche. Dieses Kreuz ist umrahmt von dem Rosenkreuzerspruch
EX DEO NASCIMUR
IN CHRISTO MORIMUR
PER SPIRITUM SANCTUM REVIVISCIMUS.
Auf Deutsch wörtlich übersetzt: Aus Gott werden wir geboren, in/mit Christus sterben wir, durch den heiligen Geist werden wir wieder belebt.
Wenn gewünscht, werden die Namen der Bestatteten mit Geburts- und Sterbejahr auf kleinere Steinplatten gemeißelt, die um den großen Grabstein angeordnet sind. Jährlich zum Totengedenktag – also genau heute! – werden sie aktualisiert und der ersten Gravur aus dem Jahr 1999 weitere aus dem vergangenen Jahr hinzugefügt.
Die Rechtsform eines Vereins zu wählen, hat sich bewährt. Dadurch war für alle Mitglieder Klarheit und Kontrolle über die Vereinskonten gewährleistet. Die Vereinsbeiträge deckten die anfänglichen Rechnungen für die Erstanlage der Grabstätte mit Grabstein und Bepflanzung, ebenso die jährlich zu entrichtenden Verlängerungsgebühren an den Friedhof. Inzwischen ist durch den Verkauf aller Grabplätze so viel Geld zusammengekommen, dass die Mitglieder keine Beiträge mehr zahlen müssen.
Derzeit zählt der Verein siebzig Mitglieder. Für jedes Mitglied wird ein Grabplatz vorgehalten, es gibt aber weit mehr Interessenten. Da nach und nach die Ruhezeit von 25 Jahren für die ersten Grabplätze abläuft und sie neu belegt werden können, werden in den nächsten Jahren Plätze frei. Dafür wurde eine Warteliste angelegt.
Ein Gemeinschaftsprojekt
Wer einen geliebten Menschen verloren hat, weiß, wie heilsam es sein kann, etwas in ihrem oder seinem Gedenken zu tun. Und zu tun gibt es bei der Gemeinschaftsgrabstätte immer etwas. Eine Grabplatte musste kürzlich nachgekauft, die Schriftfarbe erneuert werden. Und natürlich will das Grabgärtlein immer gepflegt sein. Eine zusätzliche Bank sollte aufgestellt werden, dabei aber den strengen deutschen Friedhofs-Vorschriften entsprechen – Herr Holst lacht, als er davon erzählt.
Es verwundert nicht, dass unter den Vereinsmitgliedern über die Jahre eine starke Verbundenheit entstanden ist – und es berührt einen, zu sehen, wie unsere Verstorbenen so auch nach dem Tod noch gemeinschaftsbildend in unsere Gemeinde herein wirken.
Das Pfarrerkollegium ist mittlerweile durch Anke Nerlich vertreten. Sie ist Teil des Vorstandes. Das ist für den Verein eine besondere Freude. Denn wenn man sich trifft, wird nicht nur Organisatorisches besprochen. Immer beginnt die Gruppe mit einem inhaltlichen Teil, der nun von Frau Nerlich angeleitet wird.
Im Grunde, betont Herr Holst, geht es der Initiative um dies: Als Gemeinde einen Dienst an unseren Verstorbenen zu leisten.




