In einem Hochhaus mitten in der Großstadt Seoul/ Korea entsteht eine Gemeinde der Christengemeinschaft.
Die erste Begegnung eines kleinen Kreises an Interessenten mit zwei Priestern der Christengemeinschaft fand 2013 statt. Seitdem hat sich die Arbeit intensiviert. Im Sommer 2022 konnte die Menschenweihehandlung zum ersten Mal in koreanischer Sprache in diesem Land zelebriert werden. Die Gemeinde wird nun zunächst zwei Mal im Jahr von den Priestern Eun-Kyong Lee und Michael Debus besucht.
Übersetzungsfragen
Die Gründung einer Gemeinde umfasst viele Bereiche.
Nach wie vor beschäftigt uns die Übersetzung des Kultus. Auf der einen Seite steht zunächst die Aufgabe, rein sprachlich die „richtige“ Übersetzung zu finden – das ist möglich. Doch dann kommt man schnell an den Punkt, wo bei der Übersetzung der kultischen Texte deutlich wird, dass der eigentliche Inhalt des Wortlautes sehr oft weit über das hinaus geht, was sich rein sprachlich ausdrücken lässt.
Beispielsweise kennen wir das Wort „fühlen“, das sich problemlos in die koreanische Sprache übersetzen lässt. Aber was kommt zum Ausdruck, wenn es im kultischen Wortlaut heißt: „…erfühlen wir den göttlichen Vater.“? Rein sprachlich gibt es dafür keine klare Entsprechung in der koreanischen Sprache. Man muss eine entsprechende Übersetzung suchen, die anders sein muss und dennoch nicht willkürlich sein darf. Allein die Sehnsucht nach einer Zusammenarbeit mit dem Sprachgeist kann hier weiterführen. Und schließlich bewegen wir auch die Frage, wie in Korea der Kultus hörend verstanden werden kann.
Am Ende unseres Besuchs im Januar 2025, nachdem zum ersten Mal auch Taufe und Konfirmation – auch eine Beichte fand statt – in koreanischer Sprache gefeiert werden konnten, sagten in der Abschlussrunde manche Mitglieder: „Die Sprache der Konfirmation und auch der Taufe war warm und schön, schlicht und dem Lebensalter entsprechend. Eigentlich würden wir Erwachsene auch gern noch konfirmiert werden!“
Das war schon mal ein sehr ermutigendes Feedback.
Als die beiden Priester vor zehn Jahren die damals noch kleine Zahl der Mitglieder gefragt hatten, was sie mit der Christengemeinschaft verbindet, noch bevor sie die Sakramente erlebt hatten, äußerten sie den großen Wunsch, dass das „kultische Handeln um den Tod“ durch die Christengemeinschaft würdig gestaltet werden möge. Nun wollen wir dem entsprechen und mit diesen treuen Menschen und dem koreanischen Sprachgeist anfangen, den Kultus um den Tod in die koreanische Sprache und dann in die koreanischen Seelen zu tragen.
Es geht also weiter, die Gemeinde inkarniert sich.
Die erste Konfirmation
Drei Konfirmanden und ihre Eltern haben im letzten Sommer mit den beiden Priestern die Vorbereitung auf die Konfirmation begonnen, die anschließend mit einer Lehrerin wunderbar fortgesetzt wurde. Mit den drei Konfirmanden, der Gemeinde und drei Priestern (Michael Debus, Eun-Kyong Lee und Christian Bartholl – Lenker für Japan und Korea) wurde am 19. Januar 2025 die erste Konfirmation in Korea und in koreanischer Sprache gefeiert – zwei Jugendliche aus unserer Jugendgruppe musizierten. Eine Woche vorher wurde noch eine Konfirmandin getauft – auch ein Erst-Ereignis. Als eine Woche nach der Konfirmation eine weitere Taufe stattfand für eine Konfirmandin der nächsten Jahre, war die Ministrantin eine der drei gerade Konfirmierten!
Jugendarbeit
Inzwischen hat sich eine sehr interessierte Jugendgruppe gebildet. Unsere Jugendlichen haben in unserem eigenen Raum das zehntägige Sommerlager mit der „Zauberflöte“ von Mozart gestaltet mit Chor, Orchester und Theater und für über 100 Menschen in der ältesten und größten Waldorfschule im Sommer 2024 aufgeführt. Einige Jugendliche sind seitdem in der Vorbereitung für das Sommerlager 2025 aktiv, freudig und sehr selbständig dabei. Im Januar 2025 wurde von diesen Jugendlichen schon ein dreitägiges Winter-Jugendlager organisiert, um vor allem auch mit den beiden Priestern Lebensfragen zu besprechen. Die meisten haben im Rückblick auf dieses Winterlager ausgesprochen, dass das miteinander leben und wandern, vor allem aber die Lebensfragenstunde das Wichtigste für sie bei dieser Zusammenkunft gewesen sei.
Korea und Japan
Zum Schluss möchten wir noch auf einen geografisch übergeordneten Aspekt der Christengemeinschaft in dieser Weltgegend hinweisen. Zwischen Japan und Korea besteht als Folge des Zweiten Weltkrieges ein gewissermaßen unerlöstes Verhältnis. Die Geschichte des Krieges wird in beiden Ländern sehr verschieden wiedergegeben. Da gibt es nun einen besonderen Weg der Christengemeinschaft. Von Anfang an waren wir uns einer verbesserungsbedürftigen Beziehung und Zusammenarbeit zwischen Korea und Japan bewusst und haben den beiden japanischen Priestern, Shozo und Urara Koshiishi gegenüber das immer wieder zum Thema gemacht.
Im Sommer 2014 haben Michael Debus und Eun-Kyong Lee Japan besucht, was eine besonders schöne Gelegenheit schuf, jetzt auch konkret den Menschen gegenüber eine Einladung nach Korea auszusprechen. Drei Jahre später war es soweit. Im Sommer 2017 besuchten uns die japanischen Priester im koreanischen Jugendlager. Das war der erste (ihr erster) Besuch in Korea!
Eine wunderbar menschliche Beziehung entstand unter den nun Zusammengekommenen. Ein Höhepunkt dieser Begegnung war der Moment, als die japanische Priesterin sich zur Geschichte, wie sie von den Koreanern gesehen und erlebt wird, bekannte. Eine große Sympathiewelle bildete sich, die den beiden japanischen Priestern entgegen strömte.
Im Januar 2023 folgte der zweite Besuch Koshiishis‘ in Korea, begleitet von einem japanischen Gemeindemitglied. Gemeinsam konnten wir die Menschenweihehandlung in japanischer und koreanischer Sprache feiern. Und nun entstand die Befreiung (davon haben wir 2023 in den Mitteilungen aus der Christengemeinschaft berichtet):
Wir alle gehören der Christengemeinschaft an – aber nicht mehr nur in Japan oder Korea, sondern wir gehören zur Christengemeinschaft in Ostasien.
Dann erfolgte der dritte Besuch vom 23. bis 25. Mai 2025, der eine ganz neue, man möchte eigentlich sagen gesteigerte Wirklichkeit der Beziehung Korea-Japan zur Erscheinung brachte. Dieser dritte Besuch der genannten japanischen Priester geschah als Vertretung der koreanischen priesterlichen Arbeit! Bislang geschieht diese nur im Januar und Sommer. So konnte zum ersten Mal die Menschenweihehandlung in der Osterzeit gefeiert werden – in japanischer und auch deutscher(!) Sprache.
– Dieser Bericht entstand nach unserem letzten Besuch im Mai 2025
