Stellungnahme der Christengemeinschaft

Pressemitteilung | Stuttgart, den 10. Februar 2025

Am 5. Februar 2025 erschien im Online-Magazin „Krautreporter“ in der Serie „Der Waldorf-Report“ ein Bericht von Bettina Schuler über den Gerichtsprozess gegen den ehemaligen Pfarrer der Christengemeinschaft Matthias R.. Darin wird eindrücklich der Leidensweg einer von sexuellem Missbrauch Betroffenen, die Tragik, dass ihr nicht früher geholfen wurde, sowie ihr Mut und ihre Stärke in der Aufarbeitung dargestellt. Alles das steht auch für die Christengemeinschaft im Vordergrund. Darüber hinaus stellen wir fest:

Die Zeugenaussagen unserer Pfarrer gegen den Angeklagten vor Gericht wurden im Artikel zum Teil nicht korrekt wiedergegeben. Die daraus folgenden Schlüsse der Autorin entbehren daher jeglicher Grundlage.

Unverzüglich haben wir, als uns der erste Vorwurf von sexualisierter Gewalt bekannt wurde, den Pfarrer von seinen Tätigkeiten suspendiert. Wir arbeiten seitdem eng mit den Ermittlungsbehörden sowie mit den Anwälten der Geschädigten, die sich an uns gewandt haben, zusammen.

Eine den beschuldigten Pfarrer identifizierende Veröffentlichung von gegen ihn gerichteten Missbrauchsvorwürfen in Gemeinde und Schule setzt ein gewisses Maß an juristisch belastbarem Material voraus. Dies fordern juristisch die Persönlichkeitsrechte eines jeden Menschen. Die Verletzung dieser Rechte ist strafbar.

Bis zu den Ermittlungen im jetzt verhandelten Fall war es uns deshalb nicht möglich, eine identifizierende Veröffentlichung der Vorgänge zu unternehmen. Wir sind daher dem Anwalt einer Betroffenen dankbar, der trotzdem eine mündliche Veröffentlichung der Vorwürfe seiner Mandantin schon 2014 in der Gemeinde ermöglichte.

Insofern ist ein auch nur impliziter Vorwurf der Nichtveröffentlichung 2012 oder 2014 sowohl uns und erst recht der Waldorfschule in Frankfurt am Main gegenüber, in der der Pfarrer für uns unterrichtete, haltlos. 

Uns war es von Anfang an ein Anliegen, die Vorwürfe aufzuklären, den Beschuldigten umgehend aus der Tätigkeit zu entlassen und den Geschädigten beizustehen. Eine Anzeige von unserer Seite noch bevor die von Übergriffen Geschädigten jeweils dazu selbst bereit gewesen wären, hätte das Vertrauensverhältnis zerstört. Ein solches Vorgehen wäre ihnen gegenüber übergriffig gewesen und wäre zudem eine Verletzung der seelsorgerischen Schweigepflicht gewesen. Nachdem die Anzeige erstattet war, war eine weitere Anzeige nicht mehr vonnöten. Sie hätte nichts an der Ermittlung verändert.

Wichtig war es uns, zum Schutz eventuell weiterer Betroffener, den Täter mit einem sofortigen Tätigkeitsverbot zu belegen. Dies haben wir unverzüglich vollzogen, obwohl die Beweislage noch nicht zwingend war.

Der im Artikel implizit enthaltene Vorwurf, ein Pfarrer von uns hätte im Herbst 2013 trotz vagem Verdacht in Bezug auf die jetzige Geschädigte gegenüber ihr und ihrer Familie geschwiegen, ist aus juristischen Gründen nicht nachvollziehbar. Der Christengemeinschaft war ein anderes Handeln nicht möglich.

Diesen Vorgang einem wie auch immer verorteten „System Waldorf“ als systemtypisch zuzuordnen, ist unsinnig. Dies erscheint uns gerade aufgrund unseres Wissens über den Vorgang in diesem Fall nicht zutreffend zu sein.

Auch bei uns in der Christengemeinschaft erleben wir in den letzten Jahrzehnten eine zunehmende Sensibilität für die Problematik der sexualisierten Gewalt. Ausdruck davon sind bei uns 

  • die Einrichtung der Anlaufstelle für Missbrauchsfragen der Christengemeinschaft im Jahr 2010, 
  • die Erstellung der Verfahrensleitlinien bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch und
  • die seitdem stattfindenden kircheninternen Fortbildungen zum Thema und die weitere Intensivierung der Prävention.

Im Übrigen verweisen wir auf unsere Pressemeldung vom 13. November 2024

Pressekontakt:
Pfr. Johannes Roth | Telefon: 0711 62 01 10 70 | E-Mail: 

Transparenzhinweis: Wir haben nachträglich Autorin und Serie des Artikels, auf den wir uns beziehen, und auch die Waldorfschule, in der der Pfarrer für uns unterrichtete, ergänzt.

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