Zum Namen der Michael-Kirche in Bremen

Warum geben wir einer christlichen Kirche den Namen eines hohen Engels?

Das zwölfte Kapitel der Apokalypse zeigt Michael als Kämpfer gegen die Widersachermächte. Geistige Bilder erschienen Johannes: Eine Frau, mit der Sonne umkleidet, ist im Begriff zu gebären. Vor die Frau stellt sich der feuerrote Drache mit sieben Häuptern, um das Kind zu verschlingen, sobald es geboren wäre. Das Kind wird geboren, ein Sohn, welcher der Hirte aller Völker werden soll. Das Kind wird zu Gott entrückt.  Es entbrennt der Kampf Michaels mit seinen Engeln gegen den Drachen, die Schlange des Urbeginns, Teufel und Satan und ihre Engel. Michael erweist sich als der stärkere Geist und stürzt den Drachen auf die Erde.

 

Die Imagination wurde künstlerisch auf der großen Bronzetür unserer Kirche dargestellt.

Folgen die künstlerischen Darstellungen dem Vorbild der Apokalypse, so wird der Drache nicht getötet. Er befindet sich aber nicht mehr im Himmel. Er ist auf der Erde, bei den Menschen. Er wirkt in den Menschenseelen. In der Apokalypse heißt es: Der Widersacher verfolgt die Nachkommen der himmlischen sonnenbekleideten Frau, nämlich die Menschen, welche sich nach geistiger Lebensgestaltung richten wollen und in dem menschgewordenen Gott, in Christus, eine Schicksalsorientierung fühlen.

 

Man möchte meinen, dass die Lebenswirklichkeit der Gegenwart dem apokalyptischen Bild entspricht. Hat sich die Menschheit jemals so sehr mit dem Bösen auseinandersetzen müssen wie in unserer Zeit (vgl. Epheser 6)? Und drängt nicht in unseren Jahrhunderten der freie individuelle Mensch zu seiner Geburt? Das mündige Individuum, das über verschiedensten Volkstraditionen steht? Möchten wir nicht als individuelle Menschen miteinander umgehen, und nicht als Deutsche mit Franzosen oder Engländern? Möchten wir nicht einer guten, menschlichen Lebensgestaltung zum Sieg verhelfen über die Mächte der Entmenschlichung, die vielerorts die Seelen in Besitz zu nehmen im Begriff?

 

Die Mächte des Bösen ebenso wie die Mächte des Guten erlebt die Menschenseele in sich. Ein sich bemühendes Menschenherz kann in Michael die Kraft empfinden, welche die entmenschlichende Macht des Widersachers niederhält und einen Freiraum der Seele ermöglicht, um sich an himmlischen Weisungen und an dem Urbild Jesu zu orientieren. Darum weist Michael auf unserer Bronzetür auf die drei Kreuze von Golgatha, umgeben von einem geistigen Sonnenleuchten, der Auferstehungssonne Christi. Mit diesen Kräften in sich vermag die Seele lebendig und wirklichkeitsgemäß zu denken, stark, mutig und warm zu fühlen, menschlich und schicksalsbereit zu handeln.