
Die Christengemeinschaft in Kiel

Liebe Mitglieder und Freunde der Gemeinde,
es gibt Worte, die wir in unserer Sprache nur selten gebrauchen. Manche haben für uns eine vage oder eine sehr eingeschränkte Bedeutung. Zu ihnen gehört auch das Wort „Verklärung“. Was heißt oder bedeutet es für mich?
Manchmal sind Dinge in meinem Leben ungeklärt. Dann braucht es Zeit und vielleicht auch eigenen Einsatz, bis sie sich geklärt haben, bis sichtbar wird, wie sie zueinander stehen. Schaue ich auf trübes Wasser in einem Glas, so sehe ich kaum, was sich darin verbirgt. Setzen sich allmählich, die in ihm schwebenden Stoffe ab und sinken zu Boden, dann wird die Flüssigkeit immer klarer und ich kann zuletzt hindurchschauen, sehe sogar was dahinter steht.
In den Monaten vor Ostern schildert das Evangelium die „Verklärung Jesu auf dem Berge“ (Matthäus 17, 1-13). Drei seiner Jünger sind mit ihm auf einen Berg gestiegen. Dort verändert sich für ihr Schauen seine Erscheinung, sie wird lichtvoll und strahlend, und die Jünger sind so von diesem Eindruck mitgenommen, dass sie, wie aus einer anderen Sphäre ins Wort gebracht, vernehmen: „Dieser ist mein Sohn, der geliebte. In ihm bin ich geoffenbart.“ Im nächsten Moment ist alles vorbei und sie sehen wieder nur Jesus bei sich, der ihnen sagt, sie sollten darüber nicht sprechen bis der Menschensohn von den Toten auferstanden sei.
Durch das Ostergeschehen, die Auferstehung Christi, wird seine Verklärung allgegenwärtig möglich, denn er ist nicht mehr an einen Ort oder eine Zeit gebunden. Gemäß seinem Wort: „Ich bin in euch und ihr seid in mir“ wird er lebendig im Sein der Menschen, die ihm Wohnung geben in ihrem Herzen. Das ist uns noch kaum bewusst, da hindert noch manch‘ Trübung den klaren Blick, so wie Nebel den Blick über die Ostsee verhüllen kann. Wenn aber die Sonne und der Wind den Nebel in Bewegung bringen und auflösen, dann kann der Betrachter vom Strand in Heidkate aus den Kieler Leuchtturm, die Schiffe auf dem Wasser und bei völliger Klarheit sogar das gegenüberliegende Ufer sehen.
Manchmal sagen wir, dass ein anderer Mensch ganz verklärt aussieht – weil er vielleicht gerade sehr verliebt ist. Dann bemerken wir etwas an dem Gesicht des anderen, was nicht rein materiell da ist und doch für uns erscheint.
Was ist nun also Verklärung? Das Sichtbarwerden eines Wesens hinter seiner sinnlichen Erscheinung.
In diesem Sinne fordert uns die Osterzeit auf, achtsam zu werden auf Sein Erscheinen hinter dem Sinnlichen.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Friedlieb Häckermann
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