Wassertaufe und Feuertaufe

AutorIn: Jochen Butenholz

Ich habe euch im Wasser getauft, er aber wird euch taufen mit Heiligem Geist und mit Feuer.« So etwa werden die Worte Johannes des Täufers überliefert (Mk 1,8). Und mit etwas Verwunderung mag man zur Kenntnis nehmen, dass hier von zwei verschiedenen Formen von Taufe die Rede ist – von Wassertaufe und Feuertaufe –, und vielleicht sogar vor der Frage stehen, was überhaupt mit dem Wort Taufe gemeint ist.
Johannes verkündet und praktiziert die Wassertaufe. Er taucht die Menschen unter, was nicht nur dazu führt, dass sie nass werden, sondern auch zu einem Bewusstseinsvorgang: »... ließen sich alle von ihm taufen im Jordanfluss und bekannten ihre Verfehlungen« (Mk 1,5). Da dies Motiv der Verfehlungen bei allen Getauften auftrat, dürfte es nicht nur um die persönlichen Fehltritte des Einzelnen gegangen sein, sondern um den fundamentalen Abgrund, den wir alle in uns tragen, nämlich den zwischen dem Ideal, das wir von uns selber haben, und der irdischen Tatsächlichkeit unseres Tuns. Dieser Abgrund gehört mit Notwendigkeit zur menschlichen Existenz hinzu, die Frage ist nur, ob er dem Einzelnen in seinem individuellen Inhalt bewusst ist oder nicht. Zu dieser Selbsterkenntnis führt Johannes mit der Wassertaufe.
Was Jesus dagegen gemäß den Worten des Johannes bringen kann, ist etwas anderes. Es hat nicht mit Bewusstsein zu tun, sondern mit Feuer, und der Ort für solches Feuer ist das Herz, das Lebensblut. Dieses Liebesfeuer ist es, das mich das ewige Mich-um-mich-selber-Kümmern überwinden lässt, indem ich die Not des anderen oder das, was die Welt gerade braucht, wichtiger nehmen lerne als die eigene Befindlichkeit.
So gesehen geht es bei den beiden Tauf-Formen um ganz verschiedene Qualitäten: bei der Wassertaufe um Selbsterkenntnis, bei der Feuertaufe um den Einzug des Christus ins menschliche Herz. Und diese beiden Vorgänge stehen in einem gesetzmäßigen Zusammenhang: Der zweite Schritt ohne den ersten geht nicht, und der erste Schritt ohne den zweiten ist sinnlos. Selbsterkenntnis und Christ-Werdung bedingen einander, bauen aufeinander auf.
Als gegenwärtige Formen dieser von Johannes dem Täufer gemeinten Vorgänge besteht für erwachsene Menschen das Angebot von Beichte und Kommunion; was heute als Kindertaufe praktiziert wird, hat einen ganz anderen Ursprung.