Liebe Gemeinde,
noch einmal möchte ich hier das Buch „Die Gründungder Christengemeinschaft. Ein Schicksalsdrama“
vonWolfgang Gädeke heranziehen. Die detailliert auf zahlreichen Quellen beruhende historische
Darstellung lässt in konkreten Schilderungen das höchst lebendige Geistgeschehen der Gründung der
Christengemeinschaft vor dem inneren Auge erstehen, das schöpferische Wirken der geistigen Wesen wie auch die menschlichen Leistungen und Hinderungen treten plastisch hervor.
Vergangenheit wird Gegenwart.
Dass keiner der drei Oberlenker der Christengemeinschaft zur Weihnachtstagung, der Neugründung der Anthroposophischen Gesellschaft 1923, gereist war, weil sie zu Weihnachten den Gemeinden dienen wollten, wurde im Nachhinein als großes Versäumnis empfunden. Als kleinen Ausgleich veröffentlichte die Priesterschaft im März 1924 im „Tatchristentum“, dem Vorläufer unserer Zeitschrift
„Die Christengemeinschaft“:
„Ein Wort für Dr. Rudolf Steiner Immer klarer enthüllt es sich, dass unsere Gegenwart eine Welten-Wendezeit ist. Ein Heer von Niedergangsmächten ist am Werk. Worauf unsere materialistische Zivilisation so stolz war, das stürzt in Trümmer, als ob es von unsichtbaren Händen untergraben wäre. Die Zahl der Menschen wächst, die sich keinen Illusionen mehr hingeben wollen über das wahre Wesen unserer Gegenwartskultur.
Aber es wächst auch die Zahl der Menschen, die in ihren Herzen ahnend empfinden, wie heute wieder
stärker denn je göttliche Lichtmächte zu neuer Offenbarung drängen und Hilfe anbieten im Kampfe
gegen die Finsternismächte. Ihnen ist, als ob gerade jetzt tausend unsichtbare Hände sich der Menschheit
aus höheren Welten entgegenstrecken, die nur ergriffen zu werden brauchen. Es ist ihnen, als ob leuchtende Feuer der Geistesoffenbarung angezündet seien, sodass die Menschen nur aufzuwachen brauchen aus ihrem Schlafe…
Die Zerstörungsmächte offenbaren sich nur allzu deutlich in den Trümmern um uns her. Die helfenden
Mächte offenbaren sich in Wahrheit nur denen, die den Mut haben, ihre Hand zu ergreifen, und die Demut, für ihr Offenbarungslicht zu erwachen…
Das aber ist die tiefe Tragik unserer Zeit, dass dieses Verschlafen mehr ist als ein bloßes Versäumen…
Schlafen wir, so sind wir nicht nur Versäumer, sondern werden zu Widersachern der göttlichen Hilfe…“
Wenn man in Gädekes Buch liest und all die menschlichen Hindernisse, die sich der Gründung durch den Christus entgegengestellt haben, wahrnimmt, und hier meine ich die Hindernisse durch wohlmeinende Menschen, nicht die Gegnerschaften, welche sich damals wie heute gewissermaßen als Vertreter geistiger Strömungen mit großer Macht gegen Anthroposophie oder Christentum wenden, dann
kann man dies einmal herunterbrechen auf die individuellen Kämpfe, die ein jeder von uns immer
wieder kämpft und die Rudolf Steiner z.B. in „Die Geistige Führung der Menschheit und des Menschen“
(GA 15; München, 20. August 1911) sehr prägnant beschreibt: „Der Mensch, welcher sich auf sich selbst
besinnt, kommt bald zu der Einsicht, dass er außer dem Selbst, das er mit seinen Gedanken, Gefühlen und vollbewussten Willensimpulsen umfasst, noch ein zweites kraftvolleres Selbst in sich trägt. Er wird
gewahr, wie er sich diesem zweiten Selbst als einer höheren Macht unterordnet. Zunächst wird der
Mensch allerdings dieses zweite Selbst wie eine niedrigere Wesenheit empfinden gegenüber
demjenigen, das er mit seinem klaren, nach dem Guten und Wahren neigenden vollbewussten Seelenwesen umspannt. Und er wird diese niedrigere Wesenheit zu überwinden trachten.“
Es ist der erste Absatz dieses wunderbaren kleinen Büchleins!
Wir stehen heute wieder in einer sehr ernsten Zeit. Viele individuelle Schicksale haben mit sich und dem
Leben zu ringen. Die Menschheit als Ganzes steht vor ungeheuren Herausforderungen. Sicherlich hat man Recht damit, wenn man sagt, dies sei eben eine Sache der Gesundheit oder der Schnelligkeit unserer Zeit u.v.m. und menschheitlich sei es immer eine Sache von Wirtschaft und Macht. Man kann aber auch fragen, ob hinter diesem Äußeren nicht letztlich ein michaelisches Ringen stehe. Träte nicht wirklicher Frieden im persönlichen wie im allgemeinen Leben ein, wenn wahres gutes Geistiges ergriffen würde?
Von Herzen grüßt
auch im Namen von Volker Elfert
