Die Christengemeinschaft
Cuxhaven

Gemeindebrief

Liebe Gemeinde,
dieses Bild ist uns in Weimar, auf der Gemeindereise, in einem der Museen begegnet.
Mich hat sehr beeindruckt die Widersprüchlichkeit oder der Abgrund zwischen Innen- und Außenwelt,
der darin gezeigt wird.
Kaiser Maximilian, der im Jahre 1484 in jugendlicher Jagdlust nach einem Gamswild hoch in die Berge, nahe bei Innsbruck, gestiegen ist, fand sich plötzlich allein auf dieser Stelle in rund 200 Meter Höhe,
wo er keinen Schritt zurück und keinen Schritt weiter machen konnte. Sein Gefolge konnte ihm von unten nicht helfen, drei Tage lang musste er an dieser Stelle bleiben, bis er anerkannte, dass er sterben müsse. Er rief zu den Menschen unten, man möge einen Priester rufen, der das Abendmahl bringen soll, das er, Maximilian, wenigstens aus der Ferne noch einmal sehen wolle, bevor er stirbt.
Der Priester wurde gerufen. Maximilian betete an. Ich meine, dieser Moment ist auf dem Bild dargestellt. In äußerster Not und Gefahr, an einem inneren und äußeren Abgrund, schaut er nach innen, nicht panisch um sich her! Er faltet die Hände und konzentriert sich auf das „Wesentliche“.
Seine Gestalt mutet seltsam an. Er steht zwar an einer Stelle, die alles andere als sicher ist,
aber er scheint stabil zu sein! Denken Sie sich den felsigen Hintergrund des Bildes weg,
man könnte sich ihn auch an einen Baum angelehnt vorstellen. Was für eine innere Kraft, die ihm diese Sicherheit, diesen Grund gibt!
Vielleicht ein vergleichbares Erlebnis beschrieb Jacques Lusseyran, nachdem er mit acht Jahren erblindet war: „Eines Tages merkte ich, dass ich ganz einfach falsch sah. Ich blickte zu sehr in die Ferne, zu sehr auf die Oberfläche der Dinge. Das war eine Offenbarung. Eine Hand, die sich auf mich legte, hat mich damals die Richtung wechseln lassen. Ich begann, mehr aus der Nähe zu schauen. Aber nicht an die Dinge ging ich näher heran, sondern an mich selbst. Ich schaute von innen auf mein Inneres. Das Licht war da, das stand fest. Ich fühlte eine unsagbare Erleichterung, eine solche Freude, dass ich darüber lachen musste.“ Jacques Lusseyran fand das durch den Unfall verlorene Licht wieder. Dadurch erlangte er eine unerhörte Lebenssicherheit, von der wir Sehenden oft nur träumen können.
Was geschah mit Kaiser Maximilian? Als er da betete, hörte er die Stimme eines Bauernjungen, der dahinkroch und einen Weg im Felsen machte: „Sei getrost! Gott lebt noch, der dich retten kann und will! Folge mir und fürchte dich nicht!“ Maximilian kroch ihm nach und kam in Kürze auf einen Steig, der ihn wieder zu den Seinen brachte. Der Führer verlor sich aber gleich und war nirgends zu finden. Liebe Gemeinde, keiner von uns muss solche Erlebnisse suchen. Es reicht, heute auf der Erde zu sein, um solche Situationen der Finsternis und der Abgründe persönlich und menschheitlich erleben zu können.
Keiner von uns vermag solche Bedrängnis-Situationen zu vermeiden oder zu lösen (zumindest nicht vollständig). Wie gehen wir damit um? Wo suchen wir die Sicherheit, das Licht? Wo liegt die eigentliche Kraft des Menschen? Liebe Freunde, nur wir können „die Richtung wechseln“, den Weg nach innen gehen, wo wir auf dem Grund unseres Wesens jenem Licht begegnen, das von keiner Finsternis, von keinem Sturm, keinem Dunkel von außen bedrängt werden kann. Suchen wir dieses Christus-Licht! In diesem Licht vermag der Mensch sicher zu stehen in dieser verunsicherten Welt.

Herzlich grüßt mit guten Wünschen
von Joachim Paulus
und Volker Elfert

Volker Elfert ist Ende Oktober erkrankt, wenig später erlitt seine liebe Frau einen Schlaganfall.
Beide sind in guter, aber langsamer Genesung. Gute Gedanken werden helfen.
Wann er wieder mitwirken kann, ist zurzeit unklar.
J. Paulus