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Betrachtung zum 2. Adventssonntag
Simeon stand an der Baustelle und schaute sie begeistert an.
„Endlich ungestört spielen können!“ dachte er.
Schon seit Tagen bewunderte er diese Baustelle aus dem Fenster. Den riesigen Bagger, die Lastwagen, die große und kleine Steine brachten und die großen Schubkarren, die die Bauarbeiter mit Leichtigkeit schoben. Bis jetzt durfte er nur zuschauen. Aber heute war die Baustelle leer, und seine großen Schwestern waren in der Schule. Sein kleiner Bruder war krank zu Hause und er, schon fast gesund, durfte noch nicht in den Kindergarten. Mama sagte aber, er dürfe ruhig hinausgehen und sich die Baustelle anschauen.
„Nur anschauen? Ich nehme meine Schaufel, die Arbeitshandschuhe und den Eimer mit. Vielleicht kann ich den Menschen helfen“, dachte Simeon bei sich und hüpfte fröhlich aus dem Haus. Nun stand er da, ganz allein. Seine Augen leuchteten vor Freude, und er wusste gar nicht, womit er beginnen sollte. Am liebsten hätte er ein Haus gebaut.
Leise betrat er die Baustelle… Er schaute sich um, doch es regte sich nichts. Er hob vorsichtig einen Stein von dem Steinhaufen, legte ihn in seine Schubkarre und schaute sich wieder um. Doch es regte sich immer noch nichts.
Sehr vorsichtig füllte er seine Schubkarre bis zum Rand mit Steinen und fuhr sie zum freien Platz neben seinem Haus. Hier würde er ein Haus bauen: „so groß, dass alle darin Platz finden – ich, die großen Schwestern und der kleine Ruben. Und natürlich Mama und Papa.“
Simeon war überglücklich, als er die Steine nebeneinander legte. „Es wird ein wunderschönes Haus,“ dachte er, als er die dritte kleine Schubkarre mit Steinen zu seiner Baustelle brachte. Er legte auch diese Steine auf den Boden. Nun waren es zwölf!
Er drehte sich um, um die nächste Ladung zu bringen, und sah neben dem Steinhaufen einen jungen Mann, der ihn mit einem Lächeln beobachtete. Das Gesicht des Mannes war so freundlich und so schön, dass Simeon keine Angst hatte.
„Was machst du?“ fragte der junge Mann und lächelte noch strahlender.
„Ich baue ein Haus für mich, meine Geschwister und meine Eltern. Und du?“
„Ich schaue dir zu. Wie heißt du?“
„Simeon. Und du?“
„Gabriel. Brauchst du Hilfe?“
Simeon schaute auf seine Baustelle. Es lagen schon einige Steine, aber es würde noch lange dauern, bis alles fertig war. „Wenn du willst, kannst du mir helfen.“
Gabriel und Simeon begannen zusammen das Haus zu bauen. Simeon fuhr mit der Schubkarre die Steine, die er einen nach dem anderen mit der Schaufel reinlegte, und Gabriel legte die Steine so aufeinander, dass die Wände immer höher wurden. Die beiden waren so in die Arbeit vertieft, dass Simeon weder Hunger noch Kälte bemerkte.
Bald war das Haus fertig, und Simeon und Gabriel setzten sich daneben.
„Es ist sehr schön geworden,“ sagte Simeon.
Wie ein Zauberer holte Gabriel ein kleines Teelicht, zündete es an und stellte es in das Haus-Innere.
„Jetzt ist es im Haus drinnen auch gemütlich.“
Das Haus war so groß geworden, dass schon einige Zwerge darin Platz hätten.
„Hier könnten schon Zwerge wohnen,“ sagte Simeon.
„Oder das Christkind,“ entgegnete Gabriel.
Simeon schaute ihn verwundert an. Und Gabriel begann ihm von Maria und Joseph, von Jesus und dem Eselein zu erzählen. Und dass das Christkind bald auf die Erde kommen würde und ein Zuhause brauchte.
Simeon hörte ihm mit offenem Mund zu. Seine Augen leuchteten immer stärker, denn plötzlich hatte er eine Idee:
„Weiß du, das Christkind sollte nicht hier in diesem Haus wohnen – das ist für die Zwerge. Ich will, dass Es bei mir wohnt. Ich werde jetzt einen Weg bauen, damit das Christkind den Weg zu mir findet, wenn Es auf die Erde kommt. Ich lege einen Weg bis hin zu mir und putze jeden einzelnen Stein, damit sie alle dem Christkind leuchten!“
Gabriel nickte und lächelte. „Das ist eine gute Idee.“
„Und du,“ sprach Simeon weiter, „putz jeden einzelnen Stern, damit das Christkind den Weg vom Himmel auf die Erde findet.“
Gabriel schaute ihn mit großen Augen an.
„Ich habe Dich sofort erkannt,“ lachte Simeon. „Du bist ein Engel, deswegen kannst du gut Sterne zum Glänzen bringen.“
„Das mache ich,“ versprach Gabriel. „Aber zuerst muss ich weitere Kinder finden, die dem Christkind ein Zuhause auf der Erde bereiten wollen.“
„Da wirst du schnell fertig sein! Denn jedes Kind will, dass das Christkind bei ihm ein Zuhause findet“, sagte Simeon. Er sprang auf und ging zum Steinhaufen, um den ersten Stein zu holen. „Ich werde einen ebenen und leuchtenden Weg zu mir machen,“ dachte Simeon. Als er sich umdrehte, um nach Gabriel zu schauen, war dieser schon weg, aber am Himmel leuchtete der erste Stern auf.
Xenia Medvedeva
Priester in der Christengemeinschaft
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