Die Christengemeinschaft
Wiesbaden

Betrachtungen

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Betrachtung 2025-12 – „Warten können“

Wie wunderbar ist es doch, in dieser fortschreitenden Adventszeit zu beobachten, wie es da draußen immer früher dunkel wird, die Vögel nur noch verhalten zwitschern, die äußere Stille und Ruhe greifbar wird, immer mehr in unserem Innern ankommt.
In dieser Zeit der inneren Ruhe, der inneren Einkehr, begleitet uns neben dem zunehmenden Licht der Adventskerzen der immergrüne Paradiesesbaum: der Baum des Lebens, auch der Baum der Erkenntnis. Auf manchen Gemälden werden beide wie miteinander verschlungen dargestellt. Dieses verschlungene Sein der beiden Bäume, das In-Eins-Fallen dieser gegensätzlichen Aspekte des Weltenbaums, drückt die Hoffnung aus, dass wir Menschen in Zukunft den Fall aus dem Paradies überwunden haben werden, wenn die Voraussetzungen dafür in uns gereift sein werden: die Freiheit, die Liebe.
Adventszeit ist auch Zeit der Erwartung, der Vorbereitung, des Warten-Könnens – was ja nicht immer ganz leicht ist, insbesondere für die Kinder. Ist diese Zeit mit ihnen entsprechend begleitet, leben sie freudig, erwartungsvoll, auf das nahende Weihnachtsfest zu.
Wie ist es mit uns Erwachsenen? Was erleben wir in unserer Seele im Zugehen auf das Weihnachtsfest? In dieser äußerlich immer dunkler werdenden Zeit? Erleben wir nicht genau das, was im Evangelium beschrieben ist: die Bedrängnis, die Not, die Zeitverhältnisse, die immer undurchsichtiger, immer mehr von Unwahrem durchzogen sind?
Ja, und sind wir mit all den Vorbereitungen, mit all der Geschäftigkeit, die uns manchmal in dieser Zeit herausfordert und überfordert, doch immer mal wieder an unseren Grenzen?
Und dann versammeln wir uns um den Altar, gehen in die Stille, und hören im Festeszeiten-Gebet die „ahnend“ und „leise“ „in die Gegenwart herein“ wirkenden Worte:
«Ein ‹Werde!› spricht es, und ahnend erweckt es das Bild des Menschenwerdens, in dem Gotteswerden sich birgt.»
Wir wissen es ja, wir werden uns aufrichten am Tag SEINER Wiederkunft, um zu stehen vor dem Menschensohn. Im Gebet können wir es gleichsam heute bereits tun, nicht nur übend, sondern tatsächlich, ganz real: Wir erwarten – und zugleich tragen wir in uns die Gewissheit, dass wir erwartet werden. Dass ER es ist, der da warten kann: auf die Geburt des wahren Menschen in unserer Menschenseele.

Bettina Wunder

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